Tagesimpuls, Donnerstag den 25.03.2021

Jesus Christus spricht: “Wer an mich glaubt, der wird leben. Auch wenn er gestorben ist.” Amen. So sei es. – wenn ich einen Menschen bestatte, dann sind dies meine letzten Worte am Grab, bevor Sarg oder Urne in die Erde gelassen werden. Wir haben dann den Gang von der Kirche auf dem Friedhof gemacht. Manchmal höre ich die Leute hinter mir reden. Förmlich quatschen. Über völlig banale Dinge, Sie können es wohl sonst nicht anders ertragen, diese Situation. Ein anderes Mal stehen die Kitakinder am Zaun. Rufen laut “Hallo Phine!”. Dann lachen die Weinenden.

Ich komme als erste am Grab mit den Bestatter:innen an. Danach die engsten Zugehörigen. Wir haben Zeit! Wir können warten. Darauf, dass alle ankommen. Nicht nur am Grab stehen, sondern so richtig innerlich ankommen. Aufhören zu reden. Ruhig werden. Dann bin ich dran. Das leere Grab ist hinter mir. Ich verdecke es noch. Noch ist es nicht soweit. Noch spielt es keine Rolle. Erst noch stehe ich mit beiden Füßen fest auf dem Friedhofsboden. Ich sehe alle die vor mir stehen an.

Ich spreche mit dem Brustton meiner festesten Überzeugungen: “Jesus Christus spricht: Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er gestorben ist! In diese Hoffnung geben wir unseren lieben Menschen in Gottes Hände.”. Erst dann gebe ich den Blick auf das Grab frei. Trete einen Schritt zur Seite, nicke den Bestater:innen zu. Alles geschieht mit Zeit. Mit Liebe und Fürsorge. Einer der wichtigsten Momente im ganzen Geschehen. Das Grab wird nicht leer, anders als in unserer Geschichte. Kein Wunder geschieht. Im Gegenteil. In diesem Moment wird der Abschied endgültig. Endgültig sichtbar. Spürbar. Es ist dann ganz still.

Ich nehme dann alles deutlicher war. Das Brummen des Flugzeugs am Himmel. Die Biene, die ich jetzt wirklich nicht verscheuchen kann. Die Kälte, die unter meinem Talar hochsteigt. Das Hochziehen der Schnotter bei den Zugehörigen. Wie sie stehen. Das allein offenbart, wie sie in Zukunft miteinander trauern werden. Aber: kein Wunder. Kein leeres Grab. Nur die eine Hoffnung: Dass wir leben werden. Dass dieser Abschied, der sich jetzt endgültig anfühlt und bei Gott, auch anfühlen darf! Dass dieser Abschied nur vorübergehend ist. Wir auferstehen werden. Auch unser Grab leer sein wird. Weil wir leben. Bei Gott. Aber jetzt, da am Grab, da dürfen wir weinen. Schön, wenn Hoffnung schon sein darf. Aber es ist ok, wenn sie noch nicht soweit sind. Dafür bin ich da. Ich trage sie tief und fest in mir. Ich sage sie ihnen zu. Schön, wenn die Menschen sich daran festhalten können. Im Moment am Grab. Oder später.